21.05.2019

Aktueller Konjunkturbericht der AWI-Hessen

Rückgang der Baugenehmigungen in Hessen: Verheerendes Signal an alle Wohnungssuchenden

  • 2018 in Hessen nur 24.900 Wohnungen genehmigt, Bedarf von 37.000
  • Mangel an Grundstücken und hohe Baukosten bremsen Wohnungsbau
  • Mietendeckel, Mietpreisbremse & Co. hemmen Investitionsbereitschaft

Im Jahr 2018 ist die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen in Hessen im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Wurden 2017 noch rund 26.000 Genehmigungen erteilt, lag die Zahl im vergangenen Jahr nur noch bei rund 24.900. „Bei einem jährlichen Neubaubedarf von 37.000 Wohnungen ist das ein verheerendes Signal an alle Wohnungssuchenden, vor allem in Ballungsregionen wie dem Rhein-Main-Gebiet. Statt des nötigen Schritts nach vorne sind dies zwei Schritte zurück“, erklärten die Experten der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungs- und Immobilienverbände Hessen (AWI-Hessen) bei der Vorstellung ihres jährlichen Konjunkturbe-richts heute in Frankfurt.

„Die niedrigen Zinsen bieten derzeit ideale Bedingungen für den Wohnungsneubau. Wenn selbst in einem solchen Niedrigzinsumfeld weniger Wohnungen entstehen, ist das ein deutli-ches Alarmzeichen für die Politik“, so die Vertreter der AWI-Hessen. Immer weiter steigende Baukosten, der nach wie vor große Mangel an baureifen Grundstücken sowie weitere investi-tionshemmende Rahmenbedingungen seien für den Rückgang verantwortlich. Von der hessi-schen Landesregierung erwarten die Verbände eine stärkere Unterstützung der Kommunen bei der Bereitstellung von Bauland. Im Raum stehende Forderungen wie zuletzt von Oberbür-germeister Feldmann und Wohnungsdezernent Josef nach einem „Mietendeckel“ für Frank-furt gingen in die falsche Richtung. Auch der Vorstoß von Justizministerin Barley nach einer Verschärfung der Mietpreisbremse sei ein „Papiertiger“. „Dadurch entsteht keine einzige neue Wohnung, sondern im schlimmsten Fall verschwinden Wohnungen vom Markt, weil sich Vermieter zurückziehen. Damit ist niemandem geholfen“, so die AWI-Vertreter.

Rückläufige Baugenehmigungen in Hessen 2018
„Die Zahl der Baugenehmigungen ist ein guter Indikator für die Entwicklung des Wohnungs-marktes“, so AWI-Sprecher Dr. Axel Tausendpfund vom Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft (VdW südwest). „Der dringend benötigte Aufwärtstrend im Wohnungs-bau, der sich im Jahr 2017 fortsetzte, erlebte im Jahr 2018 einen erheblichen Dämpfer.“ Dem Hessischen Statistischen Landesamt zufolge wurde im Jahr 2018 in Hessen insgesamt der Bau von 6.796 neuen Wohngebäuden mit rund 24.900 Wohnungen genehmigt. 2017 waren es rund 26.000 Genehmigungen für Wohnungen. Angesichts eines errechneten Wohnungs-bedarfs von 37.000 benötigten neuen Wohnungen pro Jahr sei dies eine bedenkliche Ent-wicklung, so der AWI-Sprecher. Für die kreisfreien Städte stieg der Anteil der Baugenehmi-gungen (+4,4 Prozent), wohingegen in den Landkreisen mit -8,5 Prozent ein massiver Ein-bruch zu verzeichnen war. Und die bedenkliche Entwicklung setze sich auch in diesem Jahr fort: Bis Februar 2019 wurden bisher 3.513 Wohnungen genehmigt, 296 weniger als im Feb-ruar 2018.

Steigende Baukosten und Grundstücksmangel bremsen Wohnungsneubau
Ein Grund für den stagnierenden Wohnungsneubau liege in den stetig steigenden Bau- und Grundstückskosten, so der stellvertretende AWI-Sprecher Gerald Lipka vom BFW Landes-verband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Hessen / Rheinland-Pfalz / Saarland e.V.. „Die Baukosten beim Wohnungsneubau in Hessen sind 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 3,3 Prozent gestiegen und lagen damit deutlich über der Inflationsrate von 1,7 Prozent“, so Lipka. Vor allem steigende Kosten bei den Roh- und Ausbauarbeiten seien für die Verteue-rung verantwortlich. Die ersten vorliegenden Zahlen für 2019 wiesen darauf hin, dass der An-stieg auch in diesem Jahr weitergehen und sich sogar verschärfen werde. So lagen die Neu-baupreise für Wohngebäude im Februar 2019 um 4,6 Prozent höher als im Vorjahresmonat (Rohbau: +6,6 Prozent; Ausbau: +3,1 Prozent). Wichtig sei es, passende Rahmenbedingun-gen zu schaffen. „Derzeit wird viel über sozial geförderten Wohnraum gesprochen. Damit Wirtschaftsstandorte wie das Rhein-Main-Gebiet im internationalen Wettbewerb bestehen können, benötigen wir aber Wohnungen in allen Preissegmenten und Gewerbeflächen. Ne-ben Förderquoten müssen wir deshalb stärker als bisher über die Bereitstellung von Bauland durch die Kommunen sprechen.“

Steigende Mieten, kaum Leerstand in Hessen / Mehr Förderung für E-Mobilität nötig
Der Trend steigender Mieten habe sich auch 2018 fortgesetzt, so die Experten der AWI-Hessen, allerdings in moderatem Maße. Werner Merkel vom Verband der Immobilienverwal-ter Hessen e.V. (VdIVH) berichtete von einer ungebrochen hohen Wohnungsnachfrage. „Oh-ne Nebenkosten lag der Anstieg der Wohnungsmieten in ganz Hessen im Jahr 2018 bei 1,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dies ist ein Anstieg in Höhe der Inflationsrate“. Die hohe Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt zeige sich auch bei der geringen Leerstandsquote. Ende 2017 lag der marktaktive Leerstand in den Wachstumsregionen bei nur 1,9 Prozent, Frankfurt hat mit 0,4 Prozent eine der niedrigsten Quoten bundesweit. Dieser Entwicklung lasse sich nur durch Neubau begegnen. Insgesamt, so Merkel, müsste es eine größere Unterstützung der Wohnungseigentümer geben. „Beim wichtigen Thema Elektromobilität lässt die Politik die Eigentümer derzeit noch allein.“ Viele sprächen über kommunale Infrastruktur und Ladestati-onen an öffentlichen Plätzen. Das jedoch blende die Realität aus. „Die Menschen laden ihre E-Autos zu Hause, und dort muss die nötige Infrastruktur vorhanden sein. Wohnungseigen-tümer sollten deshalb finanziell stärker als bisher beim Ausbau der hauseigenen Lade-Infrastruktur unterstützt werden.“

Eigenheime in Ballungsgebieten teurer / Stadt-Land-Gefälle wird steiler
Im Eigentumsbereich setzten sich 2018 die Preissteigerungen fort, wie Thorsten Stock vom Verband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen Region Mitte (IVD) mitteilte. Bei den freistehenden Eigenheimen mit mittlerem Wohnwert, also einer Fläche von circa 125 Quadratmetern Wohnfläche, gab es im vergangenen Jahr beispielsweise in Frank-furt einen deutlichen Anstieg von 620.000 auf 680.000 Euro. Im Vordertaunus stagnierten die Preise auf einem hohen Niveau von 750.000 Euro, in anderen hessischen Regionen, vor al-lem in Nordhessen, fielen die Preisanstiege moderat aus, in Kassel beispielsweise von 250.000 auf 260.000 Euro. Bei den Reihenhäusern stach Frankfurt hervor. Im mittleren Wohnwert stiegen hier 2018 die Preise von 440.000 auf 480.000 Euro. Weitere nennenswerte Verteuerungen gab es in Hanau von 250.000 auf 280.000 Euro oder in Offenbach von 325.000 auf 350.000 Euro. Das Stadt-Land-Gefälle werde spürbar steiler, so Stock bei der Vorstellung des Konjunkturberichts. Um diesem Trend entgegen zu wirken, müsse vor allem der ländliche Raum wieder stärker unterstützt werden, damit Lebensqualität und Infrastruktur auf Dauer nicht verloren gingen.

„Unsere Mitgliedsunternehmen wollen mehr Wohnungen bauen, vermitteln und professionell verwalten, doch dafür müssen auch die politischen Rahmenbedingungen stimmen“, erklärten die Vertreter der hessischen Wohnungs- und Immobilienverbände abschließend in Frankfurt. „Nur wenn es gelingt, die Bremsen zu lösen, können wir der derzeit sehr hohen Nachfrage gerecht werden.“


Pressekontakt

Jan Voosen
Referent für Unternehmenskommunikation und Marketing

Tel. 069 - 97065-301

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