Gestalten statt verwalten: Krise am Wohnungsmarkt erfordert sofortiges Handeln
Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen in neuen Gebäuden ist in Hessen 2024 gegenüber dem Vorjahr um 19,7 Prozent zurückgegangen, wie das Statistische Landesamt mitteilt. Die lediglich 14.695 Wohnungen verfestigen den Negativtrend, der sich seit mehreren Jahren abzeichnet: Wohnraum wird mehr und mehr zur Mangelware. Der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft (VdW südwest) fordert die Politik auf, schnell gegenzusteuern.
Dr. Axel Tausendpfund, Vorstand VdW südwest, sagt: „Gestalten statt verwalten – das muss das Credo der Politik sein. Wir dürfen keine weitere Zeit verlieren, um die Situation auf dem Wohnungsmarkt zu entschärfen und mehr Menschen ein Zuhause zu ermöglichen, das sie sich leisten können. Mit den abnehmenden Fertigstellungszahlen geht die Schere zwischen dem dringend benötigten Angebot und der Nachfrage immer weiter auseinander.“
Gemäß einer aktuellen Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) werden in Hessen bis 2030 jährlich über 26.000 Wohnungen benötigt. Die aktuelle Zahl bleibt deutlich dahinter zurück. Und die Perspektiven für die kommenden Jahre sind aufgrund der zuletzt konstant rückläufigen Baugenehmigungen sogar noch beunruhigender. „Denn was nicht genehmigt wird, kann auch nicht gebaut werden“, so Tausendpfund.
Novelle der HBO zügig umsetzen
Er appelliert an die Politik, zügig Maßnahmen in die Wege zu leiten, die dieser Negativentwicklung entgegenwirken. Auf Landesebene habe die schwarz-rote Regierung bereits erste Weichen richtig gestellt: „Der Gesetzesentwurf für die Novelle der Hessischen Bauordnung enthält viele Änderungen, die das Bauen schneller, einfacher und günstiger machen.“ Als Beispiele führt er Erleichterungen beim Dachgeschossausbau und bei Aufstockungen an, die es ermöglichen mehr Wohnungen in bestehenden Gebäuden zu schaffen. Für diese Veränderungen hat sich der VdW südwest in einer Expertenkommission im Vorfeld mit Nachdruck eingesetzt. Nun müsse die Novelle schnellstmöglich beschlossen und umgesetzt werden.
Doch Tausendpfund sieht weiteren Handlungsbedarf: „Wir müssen kostentreibende und nicht sicherheitsrelevante Normen weiter reduzieren. Deswegen ist es gut, dass die Expertenkommission zusätzliche Vorschläge erarbeitet, die insbesondere den Neubau ankurbeln, etwa durch Erleichterungen bei den Schallschutzvorgaben.“
Wohnungsbauturbo schnell zünden
Auch die neue Bundesregierung nimmt Tausendpfund in die Pflicht: „Der angekündigte Wohnungsbauturbo muss schnell zünden. Den Formulierungen im Koalitionsvertrag müssen nun zügig Taten folgen.“ Schließlich dauere es dann immer noch eine ganze Weile, bis sich die veränderten Rahmenbedingungen in Bauprojekten niederschlagen und bezahlbare Wohnungen entstehen.
Deswegen sei es wichtig, auch Maßnahmen zu ergreifen, die kurzfristig Wirkung zeigen – beispielsweise die vorübergehende, ebenfalls im Koalitionsvertrag anvisierte Wiedereinführung der Förderung des EH55-Standards. Die sozial-orientierten Wohnungsbauunternehmen könnten diese Förderung nutzen, um neue Wohnungen zu bauen, die sie zu fairen Mieten anbieten.
Darüber hinaus plädiert Tausendpfund dafür, die derzeit starke Nachfrage nach Wohnraumfördergeldern zu nutzen und die Mittel zur Finanzierung der Programme aufzustocken. Möglichkeiten dazu biete unter anderem das geplante Infrastrukturpaket der Bundesregierung: „Unsere Mitgliedsunternehmen wollen bauen und modernisieren. Aktuell können jedoch nicht alle Förderanträge bewilligt werden, weil das Budget der Wohnraumförderprogramme dafür nicht ausreicht.“ Deswegen würden weniger bezahlbare Wohnungen gebaut, als es möglich und nötig wäre.
Tausendpfund resümiert: „Allen muss klar sein, was die Stunde geschlagen hat: Wenn es nicht sehr schnell gelingt, mehr Wohnungen zu bauen, die zu bezahlbaren Mieten angeboten werden, setzen wir den gesellschaftlichen Frieden aufs Spiel, denn Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit.“
Pressekontakt
Jan Voosen
Abteilungsleiter Kommunikation, Pressesprecher