17.05.2022

VdW südwest und Haus & Grund Frankfurt zum Mietspiegel Frankfurt

„Neuer Mietspiegel ist für uns nicht zustimmungsfähig“

Die Mehrheit der Mietspiegelkommission hat dem neuen Frankfurter Mietspiegel 2022 nicht zugestimmt. Nach Ansicht von Haus & Grund Frankfurt und VdW südwest sendet der neue Mietspiegel die falschen Signale in den Wohnungsmarkt. Notwendige Investitionen in den Wohnungsbestand werden unattraktiv.

Der Vorstand von Haus & Grund Frankfurt am Main e.V., die Vereinigung der Haus-, Grund- und Wohnungseigentümer Bergen-Enkheim und Umgebung e.V., der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft e.V. (VdW südwest) und der Verein Mieter helfen Mietern Frankfurt e.V lehnen den neuen Frankfurter Mietspiegel ab. Bei einer Enthaltung stimmen lediglich zwei Fachverbände und das Amt für Wohnungswesen dem neuen Mietspiegel zu.

„In intensiven Diskussionen der Mietspiegelkommission wurde erhebliche Kritik aus den Verbänden an der genutzten Methodik geäußert. Vorschläge für Verbesserungen bei der Datenerhebung sowie der Interpretation der Daten wurden frühzeitig eingebracht. Es ist bedauerlich, dass diese Kritik vom ausführenden Institut nicht besser berücksichtigt wurde. Die Kritik aus den Verbänden muss künftig mehr Gehör finden, um den Mietspiegel in seiner Praxistauglichkeit zu verbessern“, erklären Jürgen H. Conzelmann, Vorsitzender von Haus & Grund Frankfurt am Main e.V., und Dr. Axel Tausendpfund, Vorstand des VdW südwest.

„Der Mietspiegel in der nun vorliegenden Fassung ist ein Zerrspiegel. Er wird der Vielfältigkeit des Marktes in keiner Weise gerecht. Benachteiligt werden vor allem die Vermieter, die Wohnungen mit Augenmaß energetisch saniert haben, um ihren Mietern hohe Kosten zu ersparen und ihnen weiterhin bezahlbaren Wohnraum zu ermöglichen. Sie haben nach dem neuen Modell keine Möglichkeit, die Miete moderat anzupassen“, kritisiert Dr. Tausendpfund.

 Solche Anpassungen seien hingegen in ohnehin schon teureren Wohnungen wesentlich einfacher möglich. Unter anderem dann, wenn sehr spezielle Eigenschaften wie zum Beispiel eine Deckenhöhe von mindestens 2,61 Meter vorlägen. Tausendpfund findet das absurd: „Das hat mit einer ausgewogenen Ausgestaltung des Mietspiegels nichts zu tun. Überspitzt gesagt, werden goldene Wasserhähne belohnt und vernünftige, die Situation der Mieter in den Blick nehmende Maßnahmen bestraft.“

Deswegen wundert es Tausendpfund auch nicht, dass vier der sieben Fachverbände der Mietspiegelkommission die neue Fassung ablehnen, bei einer Enthaltung und nur zwei Zustimmungen seitens der Verbände. „Die hohe Quote der Ablehnungen zeigt die inhaltlichen Defizite des Mietspiegels, der damit seine Funktion, für Rechtsfrieden zu sorgen, nicht erfüllen kann. Das Ergebnis der Abstimmung ist ein schlechtes Zeugnis für die Stadt Frankfurt. Wir hoffen inständig, dass sich dies in dieser Form nie wieder wiederholt und der Mietspiegel bei nächster Gelegenheit eine Korrektur erfährt.“

„Die Folgen für den Frankfurter Wohnungsmarkt sind fatal: Mieten in schlechter ausgestatten Wohnungen steigen stärker als in vielen besser ausgestatteten Wohnungen. Zahlreiche bisher getätigte Investitionen in Ausstattungsveränderungen und sinnvolle Modernisierungen, die für die Mieter wünschenswert und die Eigentümer noch bezahlbar sind, werden sich nach dem neuen Mietspiegel nicht mehr rechnen – und damit unterbleiben. Eine solche Entwicklung ist schlecht für den Wohnungsmarkt und sollte nicht das Ergebnis der Überarbeitung der Kriterien des bisherigen Mietspiegels sein“, kritisiert Gregor Weil, Geschäftsführer von Haus & Grund Frankfurt am Main.

„Laut Mikrozensus wird beinahe die Hälfte (46 Prozent) aller Mietwohnungen in Frankfurt am Main von Privatpersonen vermietet. Deshalb ist es aus unserer Sicht ein erheblicher methodischer Mangel, dass bei der Erhebung der Daten die Angaben von privaten Vermietern zur Ausstattung und Miethöhe ihrer Wohnungen nicht berücksichtigt werden. Diese methodische Schwäche muss behoben werden, damit der Mietspiegel zukünftig dem Anspruch gerecht werden kann, den Frankfurter Wohnungsmarkt in seiner Gänze abzubilden“, erklärt Weil. Ebenso ist es nach Einschätzung der Verbände für zukünftige Beratungen wichtig, mehr Zeit zur Entwicklung einvernehmlicher Lösungen einzuplanen. „Der enge Zeitplan – in Kombination mit sehr spät vom ausführenden Institut eingebrachten maßgeblichen Modellüberarbeitungen – haben die sorgfältige Diskussion der relevanten Kritikpunkte ausgebremst und der nötigen Verbesserung des Berechnungsmodells im Weg gestanden“, ergänzt Dr. Tausendpfund die Kritik.

„Die methodischen Schwächen haben dazu beigetragen, dass der neue Mietspiegel aus unserer Sicht Kriterien enthält, die falsche Anreize in den Markt senden. Insbesondere die restriktiven Definitionen der Kriterien zum Erreichen von Zuschlägen für besondere Ausstattungsmerkmale gehen an der Praxis vorbei. Wir sind der Meinung, dass der Mietspiegel qualitative Unterschiede innerhalb des Frankfurter Wohnungsbestandes möglichst differenziert abbilden sollte. Damit werden auch Anreize für Investitionen in den Wohnungsbestand gesetzt. Mieterhöhungen in vergleichsweise schlechter ausgestatteten Wohnungen sollten nicht durch den Mietspiegel forciert werden. Viele der im Mietspiegel 2022 aufgenommenen Definitionen zum Erreichen von Zuschlägen kommen in der Praxis sehr selten vor. Von den 14 nun im Modell enthaltenen Zuschlagsmerkmalen für Ausstattung und Beschaffenheit sind nur zwei Merkmale – das hochwertige Bad und der Balkon – auf mehr als 10 Prozent des Frankfurter Wohnungsbestandes anwendbar. Die Hälfte der Zuschlagsmerkmale kommt in weniger als 5 Prozent der Wohnungen vor und fällt dann sehr hoch aus. Für viele gut ausgestatte Wohnungen bedeutet der Mietspiegel 2022 aufgrund der weggefallenen Zuschläge eine niedrigere Miete als bisher. Gleichzeitig werden die Mieten in schlechter ausgestatteten Wohnungen ohne eine Verbesserung der Ausstattung infolge der höheren Basismieten stärker steigen“, erklären Conzelmann und Weil.

„Die Auswirkungen der Verschärfung der Kriterien lassen sich an einigen Beispielen gut verdeutlichen. Aufgrund der sehr geringeren Fallzahlen, bei denen die neuen Zuschläge zum Beispiel für die Einbauküche angewendet werden können, steigt die Basismiete für alle anderen Wohnungen – somit auch bei den Wohnungen, die die bisherigen Kriterien für Zuschläge bei Einbauküchen nicht erfüllen, oder sogar keine vom Vermieter gestellte Einbauküche haben und damit bisher viel günstiger waren. Viele vergleichsweise besser ausgestattete Wohnungen mit Einbauküchen werden künftig schlechter gestellt, weil sie keinen Zuschlag mehr geltend machen können. Ähnlich verhält es sich bei den Zuschlägen für moderne Badezimmer, Wohnungen mit Aufzug und auch beim barrierefreien Zugang. Künftig werden die bisherigen Zuschläge entfallen und sämtliche Wohnungen in den gleichen Topf geworfen“, kritisieren Weil und Dr. Tausendpfund.

„Weitere wichtige Kritikpunkte am neuen Mietspiegel sind die Zusammenführung sämtlicher Baualtersklassen vor 1977 in einer einzigen Kategorie, eine nicht ausreichende Berücksichtigung von energetischen Modernisierungen im Mietspiegel sowie Unstimmigkeiten bei der neuen Bewertung von Lagekriterien. In zu vielen Bereichen wurden offene Fragen nicht abschließend geklärt und wichtige Verbesserungsmöglichkeiten für die praktische Anwendung des Mietspiegels nicht genutzt. Wir bedauern das sehr und werden unser Praxiswissen weiter für die Verbesserungen in der Systematik und in der Diskussion der Kritikpunkte einsetzen“, fassen Conzelmann und Dr. Tausendpfund ihre Gründe für die Ablehnung des Mietspiegels zusammen.

Zum Frankfurter Mietspiegel und den Vertretern der Vermieterseite in der Mietspiegelkommission:
Der Frankfurter Mietspiegel ist ein zentrales Instrument für den lokalen Wohnungsmarkt. Deshalb engagieren sich die Verbände der Wohnungswirtschaft seit vielen Jahren intensiv in der Mietspiegelkommission. Haus & Grund Frankfurt am Main e.V. vertritt dabei die Perspektive der privaten Eigentümer, der VdW südwest die Interessen der sozial orientierten Wohnungsunternehmen und -genossenschaften. Mieter und Vermieter erlangen durch den Mietspiegel Rechtssicherheit bei der Frage nach zulässigen Mietanpassungen. Der Mietspiegel soll dabei den Wohnungsmarkt in seiner Breite möglichst akkurat abbilden. Über die Definition von Kriterien für Zuschläge bestimmter Ausstattungsmerkmale legt der Mietspiegel fest, wie sich Investitionen in Wohnungen wirtschaftlich darstellen. Nach Einschätzung von Haus & Grund Frankfurt am Main e.V. und des VdW südwest erreicht der Mietspiegel 2022 viele dieser zentralen Ziele nicht.

Pressekontakt

Jan Voosen
Referent für Unternehmenskommunikation und Marketing

Tel. 069 - 97065-301

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