29.08.2018

Vor der Landtagswahl: Wohnungswirtschaft im Gespräch mit der Politik

Städte müssen beim Wohnungsbau an einen Tisch

Die meisten bezahlbaren Wohnungen Hessens fehlen in Südhessen

Das brauchen südhessische Städte und Kreise bis 2040:
  • Frankfurt: 106.000 Wohnungen
  • Wiesbaden: 33.000 Wohnungen
  • Darmstadt: 26.000 Wohnungen
  • Offenbach: 20.000 Wohnungen
  • Main-Kinzig-Kreis: 32.000 Wohnungen
  • Main-Taunus-Kreis: 25.000 Wohnungen

In einem Punkt sind sich alle einig: Südhessen braucht mehr bezahlbaren Wohnraum. Der Schlüssel zur verstärkten Ausweisung von Bauland ist für Dr. Axel Tausendpfund, Verbandsdirektor des Wohnungsverbandes VdW südwest, eine verbesserte interkommunale Zusammenarbeit. „Die Kommunen in Südhessen und im Rhein-Main-Gebiet müssen sich an einen Tisch setzen und verbindlich einigen, wo die benötigten Wohnungen konkret bis wann entstehen sollen, sonst schaffen wir es nicht“, so Tausendpfund.

„Bis 2040 müssen in ganz Hessen 500.000 Wohnungen gebaut werden, davon in Südhessen 430.000, das sind 86 Prozent aller in unserem Bundesland benötigten Wohnungen“, konkretisiert Tausendpfund. Bis 2040 braucht Frankfurt rund 106.000 Wohnungen, Wiesbaden 33.000, Darmstadt 26.000, Offenbach 20.000 der Main-Kinzig-Kreis 32.000 und der Main-Taunus-Kreis 25.000. „Selbst im beschaulichen Hofheim suchen derzeit über 1.100 Menschen akut eine bezahlbare Wohnung“, berichtet Norman Diehl, Geschäftsführer der Hofheimer Wohnungsbau GmbH. „Das ist allein in den vergangenen zwölf Monaten ein Plus von über 20 Prozent.“

Bis 2020 liegt der Neubaubedarf in ganz Hessen bei jährlich 37.000 Wohnungen. Fertiggestellt wurden 2017 jedoch nur rund 20.600 Wohnungen. Auch in den Jahren davor wurden deutlich weniger Wohnungen als benötigt fertiggestellt. „Dass das auf Dauer nicht funktionieren kann, dürfte jedem einleuchten“, so Verbandsdirektor Tausendpfund. Aus Sicht des VdW südwest hilft nur eines: „Bauen, bauen, bauen“. Doch hier wartet gleich die nächste Herausforderung: Die in weiten Teilen „galoppierenden“ Grundstückspreise. „In Hofheim verzeichnen wir Steigerungen von bis zu 30 Prozent in zwei Jahren“, erzählt Diehl. „Sozialer Wohnungsbau ist so in Hofheim wirtschaftlich nicht mehr darstellbar!“

Auch eine dem VdW südwest angehörende Kooperation aus neun Wohnungsgenossenschaften setzt alle Hebel in Bewegung, um in Frankfurt bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Mit durchschnittlichen Mieten von 6,39 Euro pro Quadratmeter liegen die Genossenschaften deutlich unter dem durchschnittlichen Mietpreisniveau der Stadt. Um dies zu sichern und auszubauen brauchen die Genossenschaften aber Grundstücke. Deshalb fordert Martin Neckel, Vorstand des Beamten-Wohnungs-Vereins, mehr Mitspracherecht bei der Vergabe von Bauplätzen. „Nur so können wir neuen bezahlbaren und sozialverträglichen Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten schaffen und die genossenschaftliche Solidargemeinschaft pflegen, in der alle Mieter auch ein Mitbestimmungsrecht haben.“ Neckel weist darauf hin, dass die Wohnungsgenossenschaften krisensichere und erfahrene Partner für die Stadt Frankfurt sind.

Verbesserte Förderkonditionen schaffen
Unter anderem seien attraktivere Förderkonditionen notwendig, sind sich alle Beteiligten einig. Nach Meinung von Reinhard Abraham, Vorstand der Baugenossenschaft Odenwaldring aus Offenbach, muss die Rendite-Lücke zwischen freier Finanzierung und Förderung geschlossen werden. Vor diesem Hintergrund fordert er, über eine weitere Erhöhung des Tilgungszuschusses nachzudenken. „Angesichts der momentanen Kapitalmarktsituation mit sehr niedrigen Kreditzinsen ist aus Investorensicht der Zuschuss der reizvollste Aspekt des Förderprogramms. Wenn dieser erhöht wird, wird auch die Bereitschaft zur Nutzung der sozialen Wohnraumförderung steigen.“ Ferner müssten die Grunddarlehen der Förderprogramme von den regionalen Grundstückskosten entkoppelt werden. „Die gesamte Wohnraumförderung muss deutlich passgenauer als bislang auf die regionalen, idealerweise sogar auf die örtlichen Gegebenheiten, ausgerichtet werden“, so Abraham.

Südhessische Kommunen müssen mehr Bauland ausweisen

Zur Entschärfung der Lage sei aber auch mehr Bauland erforderlich, erklärte Tausendpfund: „Von den Flächen, die seit 2010 im Regionalplan fürs Bauen vorgesehen sind, haben die südhessischen Kommunen nur rund 30 Prozent verbindlich ausgewiesen und lediglich rund 15 Prozent sind tatsächlich bebaut worden. Der Schlüssel zur verstärkten Ausweisung von Bauland ist eine verbesserte interkommunale Zusammenarbeit. „Wir fordern deshalb, dass sich die Kommunen im Rhein-Main-Gebiet an einen Tisch setzen und sich verbindlich einigen, wo die benötigten Wohnungen konkret bis wann entstehen sollen“.

Widerstände abbauen und gesellschaftliche Akzeptanz schaffen

Neben all dem ist laut Norman Diehl und Reinhard Abraham aber noch ein weiterer Punkt von entscheidender Bedeutung: „Die Hofheimer Wohnungsbau GmbH plant, in den nächsten fünf Jahren mehr als 150 neue Wohnungen zu errichten. Bei etwa der Hälfte gibt es Widerstände von Bürgern bis hin zu umfangreichen Klagen. Teilweise gegen Projekte von lediglich zehn bis 14 Wohneinheiten. Das muss man sich mal vorstellen“, berichtet Diehl. Die Vertreter der Wohnungswirtschaft halten dies für bedenklich: „Wir sehen die Entwicklung mit Sorge, dass sich Partikularinteressen gegen das Gemeinwohlinteresse an mehr bezahlbarem Wohnraum durchsetzt.“

Pressekontakt

Jan Voosen
Referent für Unternehmenskommunikation und Marketing

Tel. 069 - 97065-301

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