14.06.2018

Vorstellung des AWI-Konjunkturberichts 2017/2018

Anhaltender Bauboom oder kurzes Strohfeuer – wie steht es um die hessischen Wohnungsmärkte?

Mangel an Grundstücken überschattet positiven Trend beim Wohnungsbau in Hessen

  • 2017 in Hessen 26.000 Wohnungen genehmigt, Bedarf liegt bei 37.000
  • Hohe Baukosten erschweren den Bau bezahlbarer Wohnungen
  • Serielles Bauen und Typengenehmigungen nötig, um schnell neue Wohnungen errichten zu können

Trotz der anhaltend hohen Nachfrage nach Wohnraum in Hessen, vor allem in den Städten und Ballungszentren, stagniert der Wohnungsbau derzeit auf niedrigem Niveau. Zu diesem deutlichen Schluss kamen die Experten der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungs- und Immobilienverbände Hessen (AWI-Hessen) bei der Vorstellung ihres jährlichen Konjunkturberichts heute in Frankfurt. Nach Angaben des Hessischen Statistischen Landesamtes wurde im Jahr 2017 in Hessen der Bau von insgesamt 7.307 neuen Wohngebäuden mit rund 26.000 Wohnungen genehmigt. In 2016 lag dieser Wert bei rund 25.500 genehmigten Wohnungen. Benötigt werden in Hessen jedoch jährlich 37.000 neue Wohnungen.
„Die Hochphase des Baubooms liegt bereits hinter uns. Ursachen dafür sind die hohen Baukosten und der Mangel an baureifen Grundstücken“, so die Vertreter der AWI. Dies sei ein schlechtes Zeichen für die vielen Menschen in Hessen, die auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung seien. Von der neuen Landesregierung erwarte die hessische Wohnungswirtschaft daher ein stärkeres Bekenntnis zu mehr Wohnungen und eine noch intensivere Unterstützung der Kommunen bei der Bereitstellung von Bauland.
 
Hohe Baukosten erschweren den Wohnungsneubau
„Die hessischen Unternehmen möchten Wohnungen für alle Einkommensgruppen bereitstellen, werden aber derzeit von fehlenden Grundstücken und hohen Baukosten eingebremst“, so der Sprecher der AWI-Hessen, Gerald Lipka, vom BFW Landesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Hessen / Rheinland-Pfalz / Saarland e.V. „Der Preisanstieg der Baukosten in Hessen lag 2017 im Wohnungsneubau beispielsweise mit 2,7 Prozent deutlich über der Inflationsrate von 2 Prozent.“ Die ersten vorliegenden Zahlen für 2018 wiesen darauf hin, so Lipka, dass der Aufwärtstrend bei den Baupreisen auch in diesem Jahr weitergehen und sich sogar verschärfen werde. So lagen die Neubaupreise für Wohngebäude im Februar 2018 um 2,8 Prozent höher als noch im Vorjahresmonat. Weniger gesetzliche Vorgaben, etwa im Rahmen der Energieeinsparverordnung oder der Stellplatzsatzungen, könnten hier für eine spürbare Entlastung sorgen.
 
Zahl der Baugenehmigungen stagniert auf niedrigem Niveau
„26.000 genehmigte Wohnungen in Hessen 2017 klingen zunächst viel. Blickt man aber auf den bestehenden Bedarf in Höhe von 37.000 Wohnungen, die jährlich gebaut werden müssten, um die Nachfrage zu decken, zeigt sich das derzeitige Problem“, so der stellvertretende AWI-Sprecher Dr. Axel Tausendpfund vom Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft e.V. (VdW südwest). Wenn die Zahl der Baugenehmigungen auf einem zu niedrigen Niveau stagniere, müsse über alternative Formen des Bauens nachgedacht werden, so Tausendpfund weiter. „Leider hat die Landesregierung bei der Novelle der Hessischen Bauordnung bisher die Chance vertan, das serielle Bauen in den Gesetzentwurf aufzunehmen oder stärker auf Typengenehmigungen zu setzen. Diese zukunftsträchtigen Formen des Bauens würden es ermöglichen, schneller als mit herkömmlichen Methoden Wohnungen zu errichten, und dies auch im unteren und mittleren Preissegment.“ Neben dem Neubau von Wohnungen sei es zugleich wichtig, den Wohnungsbestand kontinuierlich zu sanieren. Hier erreichten die Gesamtinvestitionen der im VdW südwest organisierten gewerblichen Wohnungsvermieter in 2016 mit über einer Milliarde Euro einen neuen Rekordwert.
 
Mietpreisanstieg setzt sich fort – mehr Angebot schaffen, um Preise zu stabilisieren
Von einer ungebrochen hohen Wohnungsnachfrage in Hessen konnte Werner Merkel vom Verband der Immobilienverwalter Hessen e.V. (VdIVH) berichten. Mit Blick auf die Konjunkturdaten für das Jahr 2017 zeige sich ein Anstieg der Wohnungsmieten ohne Nebenkosten von 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Wirksamstes Mittel gegen steigende Mieten ist die Vergrößerung des Angebotes“, betonte Merkel. Es sei unerlässlich, den Wohnungsneubau sowie die Nachverdichtung durch Aufstockungen weiter zu forcieren und die Rahmenbedingungen entsprechend zu optimieren. Die Leerstandsquote in Hessen tendiere weiterhin um 6 Prozent, so Merkel. „Im Rhein-Main-Gebiet liegt sie deutlich darunter. Renovierungen oder Umbaumaßnahmen werden dadurch immer schwerer durchzuführen“, erklärt Merkel. Damit diese möglich seien, müsste die Leerstandsreserve bei mindestens 3 Prozent liegen. Nach einer rückläufigen Entwicklung im Jahr 2016 seien zudem auch die Preise für Haushaltsenergie 2017 wieder deutlich um 2,0 Prozent gestiegen.
 
Starker Preisanstieg bei Eigenheimen / Stadt-Land-Gefälle wird steiler
Vor allem in den hessischen Ballungsgebieten wie der Rhein-Main-Region waren 2017 im Eigentumsbereich größere Preissteigerungen zu verzeichnen, wie Thorsten Stock vom Verband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen Region Mitte (IVD) bei der Vorstellung des Konjunkturberichts für das Jahr 2017 mitteilte. So habe es bei den frei-stehenden Eigenheimen mit mittlerem Wohnwert, also einer Fläche von circa 125 Quadratmetern Wohnfläche, beispielsweise in Frankfurt eine deutliche Steigerung von 540.000 Euro auf 620.000 Euro gegeben. Auch in Offenbach seien Eigenheime weiter sehr gefragt. Hier stieg der Preis von 325.000 im Jahr 2016 auf 375.000 Euro in 2017. In Nordhessen sowie den ländlichen Regionen fielen die Preissteigerungen dagegen moderat aus. Das Gefälle zwischen Stadt und Land, so Stock, werde so stetig steiler. Damit steige die Gefahr, dass der ländliche Raum zusehends an Attraktivität, Infrastruktur und Lebensqualität verliere.

Pressekontakt

Jan Voosen
Referent für Unternehmenskommunikation und Marketing

Tel. 069 - 97065-301

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